Neben unseren künstlerischen Produktionen ist bei uns die Vermittlung von zeitgenössischer Musik und Kultur zentral. Mit der von der Drosos-Stiftung geförderten Werkstatt Quillo startet aktuell das bisher größte und nachhaltigste Projekt mit Kindern und Jugendlichen. Comic-Zeichner und Modulleiter Sebastian Lörscher erklärt in Bild und Ton, wie die Werkstatt Quillo 2020 in der Uckermark funktioniert.
Werkstatt Quillo | Modul 1
Das erste von mehreren Werkstatt-Projekten findet in der quillo’schen Uckermark statt. Nach den letzten Vorbereitungstreffen mit den Sozialraum-PartnerInnen auf dem Hof Quillo ist die Werkstatt mit einer Einführung ins digitale Arbeiten gestartet. Hier werden die Grundlagen für einen effektiven und selbstbewussten Umgang mit iPads vermittelt, damit einem kreativen Arbeiten mit den Geräten nichts mehr im Weg steht. Mit iPads können nicht nur grundlegende digitale Skills erlernt, sondern auch flexibel auf die logistischen Herausforderungen des ländlichen Raums reagiert werden.
Fotos: Sebastian Lörscher, Bruno Renne
Die Werkstatt Quillo ist ein von der Drosos-Stiftung gefördertes Projekt, das Kindern und Jugendlichen ermöglicht, sich und ihre Ideen mit Mitteln der zeitgenössischen Kunst auszudrücken. In sieben unterschiedlichen Modulen können alle TeilnehmerInnen individuelle Interessen einbringen, entwickeln und Neues entdecken. Von digitalem Comic-Zeichnen mit iPads über den Instrumentenbau bis zur musikalischen Umsetzung wird mit den Kindern und Jugendlichen gemeinsam eine zeitgenössische Musiktheaterproduktion entwickelt und aufgeführt. Ziel ist die nachhaltige Verankerung von künstlerischen Entfaltungsräumen für Kinder und Jugendliche im Land Brandenburg.
Nach unserem pandemiegerechten, digitalen Auftakt hätte wohl niemand gedacht, dass wir auf den beiden folgenden Touren noch so viele Menschen direkt mit zeitgenössischer Musik begeistern, bewegen und erreichen konnten!
Gleich auf unserer ersten „realen“ LandQultour Anfang August konnten wir mit dem Stück 5 von Emanuele Casale an allen unseren Stationen Menschen jeden Alters zum Hören Neuer Musik versammeln. Mit einem Livestream sogar weit über die Uckermark hinaus! Zum Abschluss der Tour wurde der hitzige Austausch von Flöte (Ursula Weiler), Klarinette (Alexander Glücksmann) und elektronischem Zuspiel (Max Renne) hochsommerliche Realität. Hier hat die Neue Musik gewirkt, könnte man sagen…
Nach einer kurzen Pause rollte die kleinste Kunsthalle Brandenburgs am 3. September 2020 zur zweiten Tour vom Quillo-Hof in Falkenhagen. Jetzt mit einem erneut von Tamara Heimbrock in Szene gesetzten, knackigen Programm für drei Streicher-Soli in allen Tonlagen: Julia Gröning (Geige), Franziska Rau (Kontrabass) und Luise Rau (Cello) spielten kurze, zeitgenössische Musiken von Phillip Glass, Miloslav Gajdoš und Rodion Shchodrin, die die Dörfer und Marktplätze wieder zu kleinen Zentren der LandQultour werden lassen!
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Am 22.08. öffnete der Hof Quillo wieder seine Tore. Was hätte passender für die Wiederbegegnung mit dem Publikum sein können, als ein Konzert über Beziehungsweisen?
Nach Projekten in den Jahren 2013 (Music by Numbers), 2015 (Geschichte vom verkehrten Tag) und zuletzt den Regeln des Sommers im Jahr 2016 arbeitete das Ensemble Quillo erneut eng mit dem Komponisten Tom Rojo Poller zusammen. Das von ihm für das Ensemble und Videozuspiel komponierte Stück BZWN | Square Dances nimmt vielfältige Beziehungsweisen inhaltlich und ästhetisch in den Blick: „[D]ie Beziehungen“, so Poller, „der vier Ensemblemitglieder zu ihrem jeweiligen Instrument und solistischen Repertoire genauso wie zu den je individuellen musikalischen Prägungen, Vorlieben und Lebensläufen, nicht zuletzt aber auch die persönlich-menschlichen Beziehungen der vier Musiker*innen untereinander.“
Das Zusammenspiel des Ensembles mit einem Video auf verschiedenen Bildschirmen eröffnet dem Publikum dabei ganz neue und eigene Perspektiven auf die vielfältigen Beziehungsweisen – nahe und distanzierte, musikalische und visuelle, individuelle und soziale. Dabei jedoch immer zugleich ernst und humorvoll, konzentriert und auf den Punkt, so wie es uns liegt.
Ein Konzert, das gerade in pandemischen Zeiten eine neue Bedeutung gewinnt. Die ganz und gar nicht ansteckende Berührung durch Musik wird mit dem Stück BZWN | Square Dances zum idealen Medium von emotionalen und gedanklichen Beziehungen zwischen Menschen.
Gefördert durch:
Drosos Stiftung | Land Brandenburg | Landkreis Uckermark | Plattform Kulturelle Bildung
Neue Musik, live und digital! Um 20 Uhr gibt es hier den Livestream unseres aktuellen Programms „Casale 5“ zu sehen. Aus der Uckermark direkt zu euch. Diejenigen, die es nicht zum „echten“ Landqultour-Wagen schaffen, haben damit die einfache Möglichkeit Ursula Weiler (Flöte), Alexander Glücksmann (Klarinette) und Max Renne (Elektronik) mit dem Stück „5“von Emanuele Casale und von Tamara Heimbrock in Szene gesetzt auch aus der Ferne zu erleben.
Die „Kleinste Kunsthalle Brandenburgs“ zieht auch 2020 durchs Land! Das Ensemble Quillo ist mit einer mobilen Bühne im August und September in der Uckermark und erstmals auch in den Landkreisen Barnim, Oberhavel und Ostprignitz-Ruppin unterwegs. Musikerinnen und Musiker des professionellen Ensembles für zeitgenössische Musik machen an öffentlichen Plätzen Station und präsentieren zwei musikalische Produktionen. Mit kurzen, hochkarätigen und überraschenden Auftritten will das Ensemble Aufmerksamkeit für neue Musik wecken, sie unkompliziert im öffentlichen Raum vermitteln und gleichzeitig neue Aufführungsorte in ländlichen Räumen erproben. Eine Aufführung (7. August ab 20 Uhr) wird zusätzlich per Livestream übertragen.
Quillo on tour I – Casale 5
Im Mittelpunkt der ersten Tour „Casale 5“ vom 3. bis 9. August steht das 2003 uraufgeführte Stück „5“ des Komponisten Emanuele Casale. Es musizieren Ursula Weiler (Flöte), Alexander Glücksmann (Klarinette) und Max Renne (elektronisches Zuspiel).
Montag, 03.08.2020
17:00 Falkenhagen, Vor der Kirche
Dienstag, 04.08.2020
11:00 Templin, Markt
14:00 Prenzlau, Friedrichstraße
18:00 Brüssow, Markt
Freitag, 07.08.2020
20:00 LIVESTREAM
Samstag, 08.08.2020
13:00 Chocolaterie Himmelpfort, Hasenheide
15:00 Lychen, Günther-Bischoff-Platz
18:00 Haßleben, Vor Francesco´s Pizza
Sonntag, 09.08.2020
11:00 Eberswalde, Marktplatz
13:00 Ringenwalde, Landgasthof Zum grünen Baum
16:00 Schwedt/Oder, Flussbadestelle
Quillo on tour II – Solo für Streicherinnen
Tour 2 „Solo für Streicherinnen“ ist vom 3. bis 6. September mit Julia Yoo Soon Gröning (Geige), Luise Rau (Cello) und Franziska Rau (Kontrabass) unterwegs.
Donnerstag, 03.09.2020
17:00 Falkenhagen, Vor der Kirche
19:00 Kraatz, Gutshof
Freitag, 04.09.2020
11:00 Angermünde, Markt
14:00 Prenzlau, Friedrichstraße
17:00 Wallmow, Vor dem Dorfladen
Samstag, 05.09.2020
11:00 Eberswalde, Rofin Gewerbepark
13:00 Ringenwalde, Landgasthof Zum grünen Baum
16:00 Schwedt/Oder, Flussbadestelle
Sonntag, 06.09.2020
13:00 Fürstenberg/Havel, Kulturgasthof Alte Reederei
Geschichte von Franziska Rau Musik von Aziza Sadikova
Erzählerin: Petra Barthel Cello: Luise Rau Klavier: Max Renne
Künstlerische Leitung: Ursula Weiler
Eigentlich wollte das Ensemble Quillo mit der „Kleinsten Kunsthalle Brandenburgs“ in diesen Tagen vor Kindereinrichtungen Station machen, doch die aktuelle Situation hat vom Ensemble wie von vielen anderen Kulturakteuren in diesen Tagen neue Ideen verlangt. Deshalb geht die musikalische Elefantengeschichte »Mopitu« ab 15. Juni 2020 als Video auf Reisen.
Mopitu ist ein kleiner Elefant mit großen Ohren. Und die tun manchmal heftig weh bei all dem Krach um ihn herum – bis er es endlich seinen Freunden eingesteht und sich wundert, was Maulwurf, Schnecke und Igel ihm anvertrauen… Franziska Rau hat diese fantasievolle Fabel um Eigenarten und gegenseitige Rücksicht in eine liebevolle Bildergeschichte verpackt.
Die preisgekrönte usbekische Komponistin Aziza Sadikova, mit der das Ensemble eine langjährige Zusammenarbeit verbindet und die schon bei der Vertonung der Kinderoper »Sterntaler« (2014) mit ihrem Gespür für Märchenhaftes begeisterte, komponierte dieses Quillo-Auftragswerk. Es musizieren Luise Rau (Cello) und Max Renne (Klavier). Schauspielerin Petra Barthel erzählt die Geschichte vom kleinen Elefanten und seinen Freunden.
Das rund 15-minütige Video wurde Mitte Mai in einem Live-Mitschnitt am Sitz des Ensembles in Falkenhagen (Nordwestuckermark) aufgezeichnet. Entstanden ist ein digitales Konzerterlebnis, das sich vor allem an ein junges Publikum richtet, vor allem aber auch zum gemeinsamen Musikerlebnis von Kindern und Eltern, Großeltern und Betreuern einlädt.
Quarantäne-Musik — Neue Formen der Zusammenarbeit Wohnzimmermusik, Ensemble Quillo – März/ April 2020
John Cages Living Room Music (1940), ein für den Komponisten typisches, die Autonomie des Interpreten stärkendes Werk, gelangt in Zeiten der Corona-Krise zu neuer Aktualität. Das Ensemble Quillo hat sich hiermit klanglich und bildlich auseinandergesetzt und dabei sein kammermusikalisches Miteinander einmal mehr neu gedacht. Ton- und Bildspuren wurden separat aufgenommen, erst im Schnittraum entstand das Ensemblewerk als solches durch die Zusammenführung der Beiträge. In einer während des Stücks immer größer werdenden Besetzung waren bei der Interpretation von Living Room Music vor allem musikalische Präzision und individuelle Kreativität gefragt, um auf diese neue Weise den Ensembleklang zu realisieren.
Auf ironische Weise spiegelt sich der Titel des Stücks in der szenischen Verortung der Ensemblemitglieder wider, der sie sich in der Zeit des Corona-Lockdowns nicht entziehen konnten. Während Cage seine Living Room Music als philosophische Unterwanderung des Konzeptes der Hausmusik verstand, steht die Wohnzimmermusik des Ensemble Quillo für das, was in der Corona-Krise besonders wichtig ist: nicht nur künstlerischer, sondern gesellschaftlicher Zusammenhalt.
1. To Begin
Das Ensemble beginnt in der vom Komponisten vorgesehenen Besetzung als Quartett. Ein Quartett in Quarantäne. Es erlaubt nicht ohne Humor einen Blick durchs Schlüsselloch: einer in der Wanne, eine im Kinderzimmer, eine in der Küche, einer im Wohnzimmer. In einer Mischung aus Verdruss und Konzentration, aus Freude an der Stille und innerer Unruhe „trommeln“ sie.
2. Story
once upon a time
the world was round
and you could go on it
around and around
Aus dem Quartett ist ein Sextett geworden. Es rhythmisiert, es zelebriert diese Verse von Gertrude Stein, es lässt sie zur Musik werden. Und öffnet die Tür zum Privaten noch ein Stückchen weiter. Schreib- und Küchentische werden zur Bühne, Partituren, Zeitungen, dicke Bücher zu Textbüchern, der einsame Geburtstagskuchen und die offene Kühlschranktür erzählen Geschichten. Von einer Zeit, in der sich alle wünschen, dass es bald heißt: Once upon a time … Es war einmal.
3. Melody
Lasst mich auch mitspielen. Vielleicht war es dieser Ruf in Zeiten der Einsamkeit, der aus dem Sextett im 3. Satz ein Oktett werden ließ. Musikalisch erweitert diese Verdopplung der von Cage vorgesehenen Besetzung die akustischen Spielräume: die Perkussionsstimmen sind doppelt und auch das instrumentale Solo wird von zwei Instrumenten gespielt: Kontrabass und Bassflöte. Der normale Alltagswahnsinn der Quarantäne-Ensemblemitglieder zwischen Sojasauce, Corona-Bier und Gänseblümchen-fressender Schildkröte hätte Cage gefallen.
4. End
Nun sind es Zwölf. Im letzten Satz hatte Cage für jeden der 4 Spieler drei verschiedene Klangaktionen notiert. In der Quillo-Interpretation werden diese 12 Klänge auf jeweils einen Musiker aufgeteilt – und so ist die Maximalgröße für ein Ensemble erreicht. Die Tür schließt sich langsam. Und während des Blickes hypnotisiert am Tulpenstrauß im Thermomix klebt, übertragen sich Leichtigkeit und Wehmut, die sich zwischen Wäschekorb, Kaffeemühle, Vogelbauer und Staubwedel breitmachen.
»Wenn wir die Welt von unseren Schultern nehmen, erleben wir, dass sie nicht fällt.«
„ZEITEN“ mit Werken von John Cage und Olivier Messiaen
am 29.12.2019 15 Uhr in der Märchenvilla Eberswalde, Brunnenstraße 9, 16225 Eberswalde
am 30.12.2019 19:30 Uhr im Haus Quillo Falkenhagen, Quillowstraße 47
Das Phänomen der Zeit und ihrer Wahrnehmung hat verständlicherweise Komponisten immer wieder beschäftigt, da erklingende Musik immer an den Moment gebunden ist. Im Zentrum des Konzertes steht eines der berühmtesten Quartette der Kammermusik. Inspiriert durch die Offenbarung des Johannes hat Olivier Messiaen in seinem Quatuor pour la fin du Temps in einer eigenwilligen Form das Phänomen Zeit bearbeitet. Während Messiaen beabsichtigt hat, mit „besondere[n] Rhythmen jenseits jeden Maßes […] den Begriff der Zeit zu entfernen“, hat John Cage im radikalsten Werk des 20. Jahrhunderts den Aspekt Zeit vollkommen anders und unerwartet erfahrbar gemacht: Im Stück 4´33´´ wird die Zeit durch die Abwesenheit von Musik gegenwärtig. Die Lösung vom herkömmlichen Kompositions- und Werkbegriff wird nicht nur durch das Phänomen der Stille deutlich. Auch die Nutzung des „Zufalls“ wurde einbezogen, indem der Pianist der Uraufführung, David Tudor, die Länge der drei Sätze, 33´´, 2´40´´ und 1´20´´, vor Beginn „erwürfelt“ hatte. Auch das rhythmisch geprägte Quartett Living room music erlaubt dem Hörer neue Erlebnisse durch die Verwendung von Alltagsgegenständen als Percussionsinstrumente.
Ensemble Quillo Alexander Glücksmann > Klarinette Julia Yoo Soon Gröning > Violine Luise Rau > Cello Lion Hinnrichs > Klavier